Monday, February 17, 2014

Mikrowellenwasser: Tag 9 / Interpretation

Morgen werden wir auflösen, welche Gruppe mit MWW behandelt worden ist und das werde ich dann am Mittwoch gemeinsam mit den Umfrageergebnissen bekanntgeben.

Apropos Umfrage! (klick)

Aber wie soll man das Ergebnis letztlich interpretieren? Eigentlich sollte es doch ganz einfach sein:
Wenn die Hypothese zutrifft (dass also eine Gruppe deutlich verwelkt ist), hat man den Beweis, dass MWW für Basilikum schädlich ist, und wenn die Hypothese verworfen werden muss (weil beide Gruppen nicht verwelkt sind), hat man den Beweis, dass Basilikum MWW verträgt. Oder?
Nein. Weder noch. Da gibt einige prinzipielle Probleme. Auch wenn wir für dieses Experiment mehr Pflanzen verwendet, und die Umstände möglichst optimiert haben, kann man seriöserweise nicht eine immer und überall gültige Antwort liefern. Der Grund ist, dass niemand von uns alle möglichen Umstände kontrollieren und kennen kann, die möglicherweise zu unserem Ergebnis führen, egal wie es ausgeht. Einige Bedingungen könnte man dadurch verbessern, indem man z.B. mehr Pflanzen verwendet, oder die Umstände stärker kontrolliert (z.B. Standort, Gießzeit, Zimmertemperatur, Überwachungskamera…). Andere Bedingungen kann man nur schwer bis gar nicht kontrollieren (Bedingungen im Zuchtbetrieb…), und wieder andere Bedingungen werden vielleicht niemals als solche erkannt (Unerkannte Giftstoffe in der Flasche, Verwechslung bei der Verblindung…).

Wenn sich beide Gruppen deutlich unterscheiden – bzw. wenn die Gruppe, die mit MWW behandelt worden ist, schwächer ist – kann es z.B. sein, dass…

… genau alle Kandidaten einer Gruppe zufällig schon vorher krank oder schwach waren.
… die ungünstigen (z.B. kälteren) Standorte ausgerechnet genau dann besonders ungünstig waren, als die fraglichen Pflanzen dort gestanden sind.
… in der Mikrowelle oder in der Flasche andere Giftstoffe waren, die dann in das Wasser gelangt sind.
… jemand von den Versuchshelfern – oder beide – unehrlich waren, und dieses Ergebnis provozieren wollten oder es verfälscht haben.
… Basilikum ein Bewusstsein und Röntgenblick hat und mitbekommen hat, womit es gegossen wird und vor lauter Angst den Lebensmut verloren hat.
… kleine Kobolde wussten, welche Gruppe mit MWW gegossen wird und aus reiner Bosheit das Ergebnis verfälscht haben.

Wenn sich die Gruppen nicht deutlich unterscheiden, kann es z.B. sein, dass…

… sie sich doch unterscheiden, nur nicht äußerlich. Z.B. könnten die Zellen eine völlig andere Form angenommen haben, was man äußerlich nicht bemerkt.
… das Experiment viel länger durchgeführt werden müsste, damit das Ergebnis deutlich wird.
… sich die Versuchshelfer geirrt haben, und immer wieder die Flaschen vertauscht haben.
… jemand von den Versuchshelfern – oder beide – unehrlich waren, und dieses Ergebnis provozieren wollten oder es verfälscht haben.
… die Mikrowelle einen Defekt hat, und sie mit völlig anderen – uns unbekannten, harmlosen – Strahlen das Wasser erwärmt hat.
… kleine Elfen wussten, welche Gruppe mit MWW gegossen wird und aus Mitleid das MWW entgiftet haben, bevor damit gegossen wurde.

Und und und… die Liste könnte man beliebig erweitern. Natürlich könnte jede einzelne Bedingung zutreffen. Was aber entscheidend ist, ist für wie wahrscheinlich wir diese Bedingungen halten. Natürlich muss man erst einmal an Kobolde glauben, um für wahrscheinlich zu halten, dass diese das Ergebnis manipuliert haben. Und für Leute, die Marlene oder mich schon öfter bei Lug und Trug erwischt haben sollten, wird es wohl eher wahrscheinlich sein, dass wir bei diesem Experiment getrickst haben. Ich formuliere das bewusst nicht so, dass es entscheidend ist, wie wahrscheinlich diese Bedingungen sind, weil es viel wichtiger ist, was man selber glaubt, warum diese Bedingungen ein gutes Argument sein sollten, dass man ein Ergebnis anzweifelt.

Ich finde, diesen Gedanken kann ich nicht genug betonen. Weil der eigene Glaube, bzw. die Erwartungshaltung an etwas, ist das, was uns am meisten daran hindert, Tatsachen zu erkennen. Deswegen ist die wissenschaftliche Methode so ungeheuer wichtig – weil man nur durch sie die menschliche Schwäche minimieren kann, Dinge und Zusammenhänge zu sehen, wo keine sind, oder diese nicht zu sehen, wo aber welche sind. Bezogen auf das Experiment sollte man sich also die Frage stellen, warum man überhaupt glaubt, dass es doch einen Unterschied zwischen den Gruppen gibt, obwohl keiner sichtbar ist. Oder warum man glaubt, dass der offensichtliche Unterschied nicht auf das MWW zurückzuführen ist, sondern auf etwas anderes. Gibt es einen guten Hinweis, dass da etwas schief gelaufen ist, oder will ich einfach unbedingt ein Ergebnis haben, weil es mit meinem bisherigen Glauben oder Weltbild besser vereinbar ist?

Aus dieser Haltung heraus können die absurdesten Ideen entstehen. Bitte denkts mal drüber nach.

Und immer brav zamessen und schön grüßen ;)




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